Wellenmechanisches Atommodell

Daß das Bohr'sche Atommodell und seine Erweiterungen Schwächen haben mußten, wird klar, wenn man bedenkt, daß sie im wesentlichen die Zustände des Wasserstoffatoms beschreiben. Für die komplizierter gebauten Atome ist es nur begrenzt tauglich. Vor allem die Quantenbedingungen und die Quantensprünge stehen mit den Grundvorstellungen der klassischen Physik. Die logische Konsequenz war deshalb, die physikalisch nicht meßbaren Größen Elektronenbahn, Elektronenort und Bahngeschwindigkeit aufzugeben.

Eine in dieser Hinsicht grundlegende Erkenntnis ist in der von dem deutschen Physiker Werner Heisenberg 1927 aufgestellten Unschärferelation enthalten, nach der es unmöglich ist, Ort und Impuls eines in der Atomhülle befindlichen Elektrons gleichzeitig genau angeben zu können. Die auf dieser Unschärferelation basierende Quantenmechanik ermöglicht es, die Verhältnisse in der Elektronenhülle im Prinzip exakt zu berechnen. Dabei resultieren jedoch keine anschaulichen Angaben mehr, sondern nur noch Ergebnisse in abstrakten Vektorenräumen, die für die Anschauung erst wieder interpretiert werden müssen.

Diese quantenmechanischen Atommodelle werden mit den Methoden der Wellenmechanik berechnet. Im sog. Schrödinger-Atommodell oder wellenmechanischen Atommodell wird davon ausgegangen, daß einem Elektron mit dem Impuls p=m*v eine Materiewelle mit der Wellenlänge l=h/p zugeordnet ist. Im Feld eines Atomkerns sind solche stehenden Elektronenwellen nur ganz bestimmte Schwingungszustände möglich, die bestimmten diskreten Energiestufen entsprechen. Folglich kann ein Elektron bzw. eine Elektronenhülle je nach Energiegehalt verschiedene geometrische Formen annehmen.


Das Verhalten der dreidimensionalen stehenden Elektronenwellen kann durch eine von Schrödinger 1926 aufgestellte Gleichung beschrieben werden. Diese Diffentialgleichung verbindet die sog. Wellenfunktion des Elektrons, mit seiner Energie und den Raumkoordinaten. Mit Hilfe dieser Funktion können über bestimmte Größen des Elektrons Wahrscheinlichkeitsaussagen gemacht werden. Die Schrödinger-Gleichung, auf das 1s-Elektron des Wasserstoff angewandt, ergibt für dieses Elektron ein kugelförmiges Gebilde, dessen Dichte von innen nach außen abnimmt und das keine Knotenflächen besitzt.


Nach dem Schrödinger-Modell umschließt also im Wasserstoffatom das Elektron den Kern als kugelförmiges Gebilde. Diese Elektronenkugel ist aber nicht gleichmäßig mit Masse und Ladung erfüllt und auch nicht scharf begrenzt; sie ähnelt vielmehr einer Wolke, die innen besonders dicht ist und nach außen hin dünner wird, bis schließlich nichts mehr von ihr zu bemerken ist. Man spricht deshalb auch von einer Elektronen- oder Ladungswolke.