Säure- Base - Begriff
1. Arrhenischer u. Ostwaldscher
2. Brönsted- u. Lowryscher
3. Lewis - Säuren und -Basen
4. Lavoisierscher, Davyscher, Liebigscher, Arrhenius...geschichtliches
1. Arrheniussche Ionenhypothese
Den Sachverhalt, daß viele Stoffe, die man zur Unterscheidung von den in wässeriger Lösung nicht leitenden "Nichtelektrolyten" (wie Alkohol, Ether, Chloroform, Benzol) unter der Bezeichnung "Elektrolyte" zusammenfaßt, bei der Auflösung in Wasser nicht nur in einzelne Moleküle, sondern darüber hinaus in positiv und negativ geladene Molekülteile zerfallen, hat der schwedische Physikochemiker Svante Arrhenius (1859-1927) erkannt und mit dem Namen "elektrolytische Dissoziation" belegt. Gemäß seiner in den Jahren 1884-1887 aufgestellten Theorie der elektrolytischen Dissoziation bezeichnet man die durch Molekülspaltung gebildeten, geladenen Teilchen als "Ionen", und zwar nennt man die positiv geladenen Teilchen "Kationen", weil sie bei der Elektrolyse zur negativen Kathode wandern und die negativ geladenen Teilchen "Anionen", weil sie von der positiv geladenen Anode angezogen werden.
Einteilung der Elektrolyte:
Unter den Elektrolyten lassen sich drei große Gruppen unterscheiden, die "Säuren", die "Basen" und die "Salze"
Unter Säuren HnA (n = Wertigkeit des Säurerestes - "Acylrestes" - A) versteht man solche Stoffe, die wie der Chlorwasserstoff HCl in wässriger Lösung positiv geladene Wasserstoff - Ionen H+ bilden. Beispiele für solche Säuren sind etwa die Salpetersäure (HNO3), die Schwefelsäure (H2SO4) und die Phosphorsäure (H3PO4):
HNO3 » H+ + NO3-
H2SO4 » 2H+ +SO42-
H3PO4 » 3H+ + PO43-
Die bei der Dissoziation auftretenden Wasserstoff - Ionen H+ bedingen den sauren Geschmack der Säuren (daher ihr Name) und färben ein in die Lösung eingetauchtes blaues Lackmuspapier ("Reagenz auf Säuren") rot.
Das Gegenstück zu den Säuren bilden die Basen (Laugen) B(OH)m (m = Wertigkeit des Baserestes B), welche die Eigenschaft haben , umgekehrt rotes Lackmuspapier ("Reagenz auf Basen") zu bläuen. Diese Blaufärbung sowie der laugenhafte (seifenartige) Geschmack der Basen wird durch negativ geladene Hydroxid - Ionen OH- (frühere Bezeichnung: Hydroxyl - Ionen) bedingt, und man definiert dementsprechend Basen als Stoffe, die in wässeriger Lösung negativ geladene Hydroxid - Ionen bilden. Beispiele hierfür sind das Natriumhydroxid NaOH (wässerige Lösung: Natronlauge) und das Calciumhydroxid Ca(OH)2 (wässerige Lösung: Kalkwasser):
NaOH » Na+ + OH-
Ca(OH)2 » Ca2+ + 2OH-
2. Brönsted - Säuren und -Basen
Arrhenius und Ostwald verstanden unter einer Säure einen sauer schmeckenden Stoff wie HCl, der in wässriger Lösung unter Bildung von Wasserstoff - Ionen dissoziiert.
Nach Brönsted und Lowry beruht die Säurewirkung eines Stoffes darauf, daß er an die Moleküle des Wassers Protonen abgibt ("protolytische Reaktion") und so zur Bildung von Oxonium - Ionen H3O+ (hydratisiert in Form von - ihrerseits wieder solvatisierten - "Hydronium - Ionen" [H3O * 3H2O]+) Veranlassung gibt, die den sauren Geschmack der Lösung bedingen, z.B.:
Cl-H + H-O-H [ H3O]+
+ [Cl]-
Die Ionen einer wässerigen Salzsäure entstammen also in Wirklichkeit nicht einer Dissoziation des Chlorwasserstoffs gemäß:
HCl H+ + Cl-
(1)
sondern einer (stark exothermen) chemischen Reaktion zwischen Chlorwasserstoff und Wasser:
HCl + H2O
H3O+
Cl- (2)
Der Kürze halber pflegt man aber statt der ausführlichen Gleichung (2) gewöhnlich die gekürzte Gleichung (1) zu schreiben. Man muß sich dabei aber bewußt bleiben, daß die Wasserstoff - Ionen H+ hier wie bei anderen Säuren HA in Wirklichkeit hydratisierte Oxonium - Ionen sind, daß also freie Protonen H+ in Wasser nicht existieren.
Definieren wir nun ganz allgemein eine Säure, als einen Stoff, der imstande ist, an Wasser Protonen abzugeben ("Protonensäure"), so steht - ähnlich wie beim Begriff des Reduktionsmittels - nichts im Wege, auch geladene Ionen als Säuren zu bezeichnen. Denn die saure Reaktion z.B. von Hydrogensulfaten (MHSO4) in wässeriger Lösung beruht ja auf einem ganz analogen Protonenübergang:
HSO4- + H2O
H3O+ + SO42-
Und in gleicher Weise erklärt sich auch die saure Wirkung wässeriger Ammoniumsalzlösungen (NH4X) durch die Bildung von Oxonium - Ionen:
NH4+ + H2O
H3O+ + NH3
(3)
Dementsprechend unterscheidet man zwischen "Neutral-säuren" (z.B. HCL, HNO3), "Anion-säuren" (z.B. HSO4-, H2PO4-) und "Kation-säuren" (z.B. NH4+, [Al(OH2)6]3+).
Viele protonenfreie Stoffe wie Nichtmetalloxide oder Metallkationen (z.B. in Form der Metallhalogenide) verwandeln sich erst beim Auflösen durch Reaktion mit dem Wasser in Brönsted - Säuren z.B.:
SO3 + H2O
H2SO4 bzw.
Al3+ + 6H2O Al(OH2)63+
Man bezeichnet derartige, durch Wasseranlagerung in Brönsted - Säuren überführbare (bzw. umgekehrt durch Wasserentzug aus Brönsted - Säuren hervorgehende) Stoffe als "Säure - anhydride". Das Schwefeltrioxid bzw. das Aluminium(III)-Kation stellen also das Säure - anhydrid der Schwefelsäure H2SO4 bzw. der Kationsäure Al(OH2)63+ dar. Reagieren Metallsalze M+X- (M+ = Metallkation) in Wasser sauer, so beruht die saure Wirkung mithin auf der großen Stärke der in Wasser gebildeten Kationsäure M(OH2)n+
[M(OH2)n+ + H2O
M(OH2)n-1(OH) +
H3O+]
und nicht - wie früher angenommen auf der geringen Stärke der Base MOH
(M+ + H2O
MOH + H+).
Unter einer Base verstanden Arrhenius und Ostwald einen seifig schmeckenden Stoff wie NaOH, der in wässeriger Lösung unter Bildung von Hydroxid - Ionen dissoziert:
NaOH Na+
OH-
Nach Brönsted und Lowry dagegen beruht die Basenwirkung eines Stoffes darauf, daß er von Wassermolekülen Protonen aufnimmt und so zur Bildung von Hydroxid - Ionen OH- Veranlassung gibt, die den basischen Charakter der Lösung bedingen, z.B.:
NH3 + H-O-H
[NH4]+ + [OH]-
Die Ionen NH4+ und OH- einer wässerigen Ammoniaklösung kommen also nicht durch teilweise Dissoziation einer in der Lösung vorhandenen Base NH4OH zustande:
NH4OH NH4+
+ OH-,
sondern durch eine chemische Reaktion zwischen Ammoniak und Wasser:
NH3 + H2O
NH4+ + OH-
Undissoziierte NH4OH - Moleküle existieren in einer wässerigen Ammoniaklösung nicht. Mithin stellt Ammoniak nicht - wie man früher glaubte - das "Base - anhydrid" einer in Wasser gelösten Base NH4OH, sondern die (Brönsted-) Base selbst dar.
Gemäß der neuen Basedefinition können auch geladene Ionen Basen sein. z.B.:
CLO- + H2O
HCLO + OH-
[Be(OH2)3(OH)]+ + H2O
[Be(OH2)4]2+
+ OH-, (4)
und wir können daher auch hier zwischen "Neutral - Basen" (z.B. NH3, NH2OH), " Anion - Basen" (z.B. CLO- , HPO42-) und "Kation - Basen" (z.B. [Be(OH2)3(OH)]+ , [Be(OH2)5(OH)]2+ ) unterscheiden. Die häufig als Base - Prototyp angesehenen Metallhydroxide M(OH)n sind nur ein spezieller Fall von Anionenbasen, da die Basewirkung dieser Verbindungen auf die Hydroxid - Ionen OH- zurückzuführen ist, bei welchen sich der Protonenübergang vom Wasser zum Anion wegen der Gleichheit von linker und rechter Seite der Reaktionsgleichung
( OH- + H2O H2O + OH-)
nach außen hin ebensowenig bemerkbar macht wie der Protonenübergang vom Oxonium - Ion zum Wasser
(H3O+ + H2O
H2O + H3O+).
Der früher als Hydrolyse von Salzen bezeichnete Vorgang ist, wie aus den Gleichungen (3) und (4) hervorgeht, nichts anderes als die Säure- Wirkung von Ionensäuren bzw. Base - Wirkung von Ionenbasen; die Bezeichnung Hydrolyse müßte daher in solchen Fällen nicht mehr gebraucht werden. Gerechtfertigt ist der Ausdruck Hydrolyse dagegen bei der Zerlegung kovalenter Bindungen durch Wasser. z.B.:
=P-Cl + H2O
=P-OH + HCL
Die im vorstehenden besprochene, von dem dänischen Physiochemiker Johannes Nikolaus Brönsted (1879-1947) und dem amerikanischen Chemiker Thomas Martin Lowry (1874-1936) unabhängig voneinander im Jahre 1923 entwickelte Definition der Säuren und Basen läßt sich du der Gleichung :
Säure
Base +
Proton (5)
zusammenfassen, welche ganz der Definitionsgleichung eines Reduktions- und Oxidationsmittels entspricht. Man nennt die durch (5) definierten Säuren und Basen "Brönsted - Säuren" ( Protonendonatoren) und "Brönsted - Basen" ( Protonenakzeptoren), ein der Definitionsgleichung (5) entsprechendes protonenabgebendes und - aufnehmendes System auch als Säure - Base - Paar ("korrespondierendes" bzw. "konjugiertes Säure - Base - System").
Da unter normalen chemischen Bedingungen in kondensierter Phase keine freien Protonen existieren, erfolgt die zur korrespondierenden (konjugierten) Base einer Säure führende Protonenabgabe nur in Anwesenheit einer geeigneten Base ( z.B. Wasser), welche die abgegebenen Protonen unter Übergang in die korrespondierende (konjugierte) Säure aufzunehmen vermag.
3. Lewis - Säuren und -Basen
in Bearbeitung....
4. Lavoisierscher, Davyscher, Liebigscher Arrhenius...geschichtliches
A.L. Lavoisier (1743-1794) hielt noch den "Sauer"stoff (daher der Name) für das maßgebende "saure Prinzip" eines Stoffes, da beim Auflösen vieler Nichtmetalloxide in Wasser saure Lösungen entstehen (Oxygenium = Säurebildner).
1816 wies dann H. Davy (1779-1829) und später (1840) vor allem J.Liebig (1803-1873) dem durch Metalle ersetzbaren Wasserstoff diese Rolle zu.
Nach Arrhenius (1859-1927) schließlich ist nicht das Wasserstoff - Atom, sondern des Wasserstoff - Ion,
nach Brönsted (1874-1947), T.M. Lowry (1874-1936) das Oxonium- Ion H3O+ als ursächlich für eine Säure in Wasser zu betrachten.